1/1962, Elmshorn,

E1/1962: Unterkunft unter Wasser, THW im Einsatz

Die Evakuierung der Senioren aus den Baracken des Stadtheims Elbmarsch in den frühen Morgenstunden

In den frühen Morgenstunden sollte die Sturmflut ihren Höchststand erreichen und die damalige Unterkunft in der Feldstraße 15 überfluten. In der Unterkunft stand das Wasser 70 cm und auf dem Hof ca. 1,30m hoch. Der Fuhrpark aus einem GKW und drei MKW konnte noch rechtzeitig in die heute Gärtnerstraße, unterhalb der Ostwestbrücke, in Sicherheit gebracht werden. Dies stellte die Einsatzbereitschaft sicher. Welche Einsatzaufgaben der OV Elmshorn damals übernommen hat, können Sie nun hier lesen:

Sonnabend, den 17. Februar 1962

Nachdem der Trupp Marten zur Unterkunft zurückgekehrt ist, beginnt das Wasser über die Schulstraße zu laufen. Die Fahrzeuge werden vom Hof der Unterkunft auf die Verbindungsstraße zwischen Feld- und Norderstraße gefahren. Die Unterkunft läuft voll Wasser, am Boden liegendes Gerät wird höher gestellt. Ein Teil der Helfer arbeitet an einem schnell aufgeworfenen Schutzdamm vor dem der Unterkunft gegenüberliegenden Jugendwohnheim.

Die Fahrzeuge fahren durch die Stadt und retten aus der Gastwirtschaft „Stumpfe Ecke“ am Hafenamt 8 Personen aus dem Wasser. Die Geborgenen werden in die Blaue Schule gebracht. Die Blaue Schule war die erste Notunterkunft.

Aus dem Gebäude Feldstraße 23 – 25 werden 2 Erwachsene und ein Kleinkind gerettet und ebenfalls zur Blauen Schule gebracht.

Vor dem Hause Schulstraße 38 torkelt im steigenden Wasser ein betrunkener junger Mann. Er sträubt sich, in Sicherheit gebracht zu werden. Er wird dann aber doch zur Polizei und anschließend ins Krankenhaus gebracht.

Gegen 3.00 Uhr muß für kurze Zeit aller Einsatz abgebrochen werden. Zu dieser Zeit hat bereits eine so starke Flutwelle die überspült, daß auch unsere hochbeinigen Fahrzeuge nicht mehr überall fahren können. Statt Fluthöchststand und danach Eintritt der Ebbe, hat um diese Zeit eine trichterförmige Flutwelle aus Richtung Am Deich/Sandberg, wahrscheinlich hervorgerufen durch den Deichbruch am Querdeich östlich der Kläranlage, die Stadt überspült. In der Nikolaikirche steht das Wasser innen, 1,5 hoch. Das gesamte Gestühl ist überflutet.

Sämtliche Telefonverbindungen fallen aus. Die Instandsetzung dauert Wochen.

Die Stromversorgung bricht zusammen. Die Stadtwerke stehen unter Wasser.

Mit Anbruch des neuen Tages geht der Einsatz weiter. In der Lornsenstraße 41 – weit zurückliegendes Gartenhaus -  wird eine erst vor wenigen Tagen aus der Klinik entlassene Wöchnerin gerettet und ins Nachbarhaus gebracht.

Aus der Mühlenstraße 15 wird ein altes Ehepaar geholt und zum Altersheim gefahren.

Der Ortsbeauftragte hat sich zu dieser Zeit bereits zur Einsatzleitung (Polizeiwache) begeben. Er bringt dem Bürgermeister ein Paar Gummistiefel, damit dieser seine vom Wasser umspülte Wohnung verlassen und die Einsatzleitung übernehmen kann.

In dieser Nacht bis zum eigentlich georderten Einsatz durch die Einsatzleitung ist soviel an Einzelheiten geschehen, die sich nicht alle aufführen lassen. Erwähnt werden muß noch, daß eine Anzahl Bürger dieser Stadt, irgendwo vom Wasser überrascht, durch Helfer des THW in ihre Wohnungen gefahren und getragen wurden. Petromax-Lampen wurden fertiggemacht und als Notbeleuchtung an verschiedenen Stellen aufgestellt (Polizei, Krankenhaus).

Gegen 8.30 Uhr erfolgte der erste Großeinsatz im städtischen Alters- und Pflegeheim. Hier haben sich 28 Insassen auf die Tische und Betten ihrer Baracke vor den andrängenden Wassermassen geflüchtet. Die alten Leute werden einzeln von den Helfern durch das Wasser ins Haupthaus getragen (rührende Dankesbezeugungen der Alten). Danach wird auch noch das Bettzeug und anderes Gerät geborgen.

Im Stall des Altersheimes ist ein Teil des Viehes ertrunken. 38 Schweine, 12 Rinder und ein Kalb werden lebend geborgen und durch den Helfer Pachur mit seinem Lastwagen in trockene Ställe gefahren. (Der Helfer Pachur war von uns in der Nacht vom 16. zum 17.02.1962 alarmiert worden. Auch diese Maßnahme machte sich jetzt wie auch in der Folge bezahlt.)

Um diese Zeit erreicht uns die Nachricht, daß das Haus Fock, Flamweg, unterspült ist und einzustürzen droht. Erste Maßnahmen zur Abstützung wurden eingeleitet. Die Arbeiten wurden dann von einer in der Nähe befindlichen Baufirma beendet.

An diesem Vormittag wird eine Fernsprechleitung von der Unterkunft Feldstraße 15 zum Polizeigebäude gelegt (Leerhoff u. Trupp). Der OB Stellvertreter Marten macht verschiedene Kurierfahrten zu Tiefbaufirmen. Diese Firmen sollen Material usw. zu den gefährdeten Deichstellen fahren.

Die Gebäude Sandberg 14, Sandberg 19 und 20, wurden durch den Trupp Marten wegen Einsturzgefahr abgestützt. Der Versuch der Abstützung des Gebäudes der Gaswirtschaft „Alte Mühle“ war leider vergeblich, solange nicht das vom Sog gerissene Loch mit mindestens zwei Lastzügen Erde gefüllt war.

Aus einer Werkwohnung der Möbelfabrik König am Lönsweg wurden 2 Erwachsene und 2 Kinder geborgen und zur Schule Langelohe (Betreuungsstelle) gebracht Der gemeldete Gasgeruch im Hause Schulstraße 42 wird überprüft und anschließend die Stadtwerke mit einem Fahrzeug benachrichtigt. Aus dem Haus Katharinenstr. 5 wird ein 85jähriger Mann völlig unterkühlt geholt und zum Krankenhaus gefahren. Anschließend holt man aus einem schwimmenden Schrank sein Geld und übergibt es der Polizei.

Dem DRK wird Gerät aus der Markthalle zur Langeloher Schule befördert und Hilfe bei der Einrichtung der Schule als Notunterkunft geleistet.

Aus dem Jugendheim Feldstraße wird ein von einem Kameraden durch Messerstich verletzter Mohamedaner zum Krankenhaus befördert.

Ein Kommando wird zur Versorgung der Feuerwehren mit Kraftstoff (Leerpumpen der Keller) abgestellt. Auch hier zeigte sich die Alarmierung unseres Helfers Pachur mit seinem Lkw durch uns als sehr nützlich. Er übernahm zusammen mit 3 Helfern die Versorgung der gesamten eine setzten Wehren mit Kraftstoff.

Ein laufunfähiger Lkw des DRK wird auf Anforderung der Polizei in der Berliner Straße durch den Helfer K. Jahn repariert. Dabei ist es zu einer Knieprellung des Helfers Jahn wegen unsachgemäßen Startens mit eingelegtem Gang trotz Warnung des J. gekommen.

Es erfolgte auch die Abgabe des Notstromaggregats die Stadtwerke zur eigenen Stromversorgung.

Bereits gegen 9.30 Uhr erreichte den 0B ein Telegramm des Landesverbandes zum Einsatz nach Meldorf. Über eine Dienstleitung der Post wurde der Landesverband von der Elmshorner Situation unterrichtet und der Einsatz in Meldorf wegen der Elmshorner Lage abgelehnt.

Erwähnt muß noch werden, daß sich die Anzahl der Helfer für den Einsatz seit Beginn des 17.2.1962 früh – ebenfalls ohne Alarm auf 31 erhöht hat.


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